Hallo,
irgendwie ist dieses Thema etwas schwerfällig und droht zum Dauerbrenner zu werden. Ich hole daher mal etwas weiter aus um dem Vorstellungsvermögen etwas auf die Beine zu helfen.
Die beschriebenen Vorgänge lassen sich leichter messen und viel besser verstehen, wenn man das mal mit grösseren Potentialdifferenzen betrachtet.
Hierzu eignen sich Geräte, welche hohe Spannungspotentiale mittels Reibungselektrizität erzeugen ( Van der Graff- Bandgenerator oder solche mit rotierenden Scheiben ) genau so gut, wie Gleichspannungsnetzteile, welche in den Kilovoltbereich gehen.
Diese Geräte können dann so verwendet werden, dass man eine sehr hohe Gleichspannung dazu verwendet , einen scheinbaren "Einpol" ( habe das früher Gewitterfass genannt) aufzuladen. Man spricht dann von elektrostatischer Aufladung. Das heisst das "Fass" oder die Kugel, welche auf einem Isolator steht, lädt sich auf das Potential des Generators auf . Das macht auch jeder mit sich selbst, wenn er bei wenig Luftfeuchte mit trockenem Schuwerk über einen Flusenteppich schlurft und sich dann am Türgriff oder der Nasenspitze seiner Freundin entlädt. Wir sprechen grundsätzlich von einem Elektronenmangel oder Überschuss, egal wie dieser ursprünglich erzeugt wurde. Anschliessend ist es nur eine Frage des Vorstellungsvermögens und natürlich der vorhandenen Messtechnik das mit kleinen Spannungsdifferenzen nachzuempfinden.
Was geht nun ab ?
Die Entladung dieses "Einpols" sei es durch einen selbstständigen Hochspannungsüberschlag oder gezielt durch Annäherung einer kugelförmigen geerdeten Elektrode, verursacht eine Umladung im Raum, welche etwa in 10 bis 100 Nanosekunden stattfindet.
Durch Aufladung verschobene Elektronen kehren an ihren Platz zurück oder anders ausgedrückt ein durch Spannungsunterschied erzeugter Elektronenüberschuss gleicht sich mit dem gegenüberliegenden Elektronenmangel aus.
Der zweite Pol dieses Kondensators ist also der umgebende Raum mit allen Gegenständen und Personen.
So lädt sich zum Beispiel ein frei stehendes Terminal, welches lediglich über eine serielle Schnittstelle und die Stromversorgung mit dem Rechner verbunden ist anteilsmässig um und dabei fliessen kurzzeitig Ströme von über 10 Ampere, welche sich wieder auf den vorhandenen Leitungen aufteilen und so auch den Schnittstellen-IC im Rechner meucheln.
Das ist eine sehr schöne Methode um Schwachstellen bei Maschinensteuerungen ausfindig zu machen. Wir haben zum Beispiel mit einem 50 Liter Fass und 40 bis 70 Kilovolt Ladespannung mitten in einer Produktionshalle im Umkreis von 15 Metern alle Steuerungen angehalten und im Nahberich drei Maschinen "nachhaltig stillgelegt" ( Überall Schnittstellen zerstört )
Da diese Mini-EMP´s bei der Kunststoffverarbeitung auch durch akkumulierte Ladungstransporte entstehen können, ( Ladungen von einzelnen in Kunststoffbehälter fallenden Teilen summieren sich auf ) war es beispielsweise unumgänglich, von der Maschine abgesetzte Bedienterminals mit Glasfaserschnittstellen zu versehen.
Dieser Effekt entsteht also überall dort, wo aus welchem Grund auch immer ein grosser Elektronenüberschuss erzeugt wird.
So zum Beispiel auch der gefürchtete EMP, wenn atomar kurzzeitig ungeheure Gammastrahlung freigesetzt wird, welche das umgebende Gas ionisiert und ungeheure Mengen an Elektronen freisetzt (Comptoneffekt )
Hier hat man bislang die magnetische Wechselwirkung des Breitbandspektrums an elektromagnetischen Schwingungen als Ursache der zerstörerischen Wirkung des künstlich erzeugten EMP´s gesehen.
Im Detail betrachtet ist es aber in erster Linie der reine Umladungsprozess eines Ladungsausgleichs durch den Elektronenüberschuss in der Athmosphäre, welcher hohe Stromimpulse in allen leitfähigen Substancen erzeugt, wo sich Ladungen ausgleichen.
Nachdem ein amerikanischer Atomtest in der Athmosphäre aus 1000km Entfernung jeglichen Rundfunk auf ganz Hawai lahmgelget hatte wurde 1963 von"beiden Seiten" ein Vertrag unterzeichnet, welcher den Test von atomaren Sprengsätzen in der Athmosphäre bannt.
Ironie des Schiksals: es reichen ganz wenige in grossen Höhen gezündete Nuklearsprengköpfe um uns weltweit in die Steinzeit zurück zu befördern.
Hoffe den einen oder anderen interessiert auch mal so etwas.
(Ein Teil des Textes Auszugsweise aus einem älteren Beitrag mit aktuellen Ergänzungen)
So Davens, das sollte helfen deine zunächst fast philosophisch klingende Frage etwas zu erhellen. Wenn ich hier in erster Linie das Vorstellungsvermögen anspreche, so deswegen, um auch mal das Gefühl für sehr feine Messungen anzuregen.
Ich habe früher gerne ein kleines hochempfindliches Wegmesssystem gegen einen der mächtigen Hallen-Stahlbetonträger gesetzt um meinen Praktikanten vorzuführen, dass sich der Pfeiler verbiegt, wenn ich mit dem Arm dagegendrücke.
Also kurz gesagt, wer sich die Durchbiegung einer Tischplatte nicht vorstellen kann, wenn sich eine Fliege daraufsetzt, muss noch an sich arbeiten.
LG aus GR
Lothar