Hallo,
schade, dass die Luft aus diesem Thema raus ist. Das hatte ich irgendwie befürchtet und wollte deshalb gar nicht erst anfangen. In dem anderen Forum gab es von allen Seiten mehr Interesse, aber das ist vermutlich auf die Tätigkeit des Forums zurückzuführen Audio-Technik.
http://www.hifi-forum.de/index.php?acti ... &thread=19
Weil aber auch wir bereits eine Menge Sachen wie Leistungsbetrachtung, Erwärmung usw. angeschnitten haben, wäre es eigentlich Schade das Thema nicht zumindest bis zu einem brauchbaren Abschluss zu bringen. Es kann sein, dass manche Leute plötzlich feststellen die Thematik ist doch nicht sooooo kompliziert, oder verstehen jetzt sogar noch
besser wie Transistoren funktionieren.
Wie auch immer vielleicht verschwindet jetzt auch etwas von dieser Mystik, wofür die selbsternannten HIFI-Guru‘s gesorgt haben.
Wir hatten angefangen mit der Leistungsbetrachtung. Was ich im folgenden noch abklären möchte, hätte ich mir gerne als Bonbon für den Abschluss reserviert.
Fast jedem ist die Vorliebe für möglichst viele Watts bekannt. Weißt aber wirklich jeder dieser Watteritis, wie sich unterschiedliche Leistungen von den Markenverstärkern an dem selben Lautsprecher auswirken?
Sowohl wir als auch die Leute in dem anderen Forum hatten vereinfacht eine rein Ohmsche Last am Ausgang angenommen. In Wirklichkeit stellt der Lautsprecher eine sog. komplexe Impedanz als Gemisch aus Induktivitäten und Kapazitäten dar. Es besteht hier keine Notwendigkeit, diese Last detailliert zu betrachten. Dies wird von den Verstärker-Herstellern auch nicht getan, wenn man jetzt auch die unüberschaubare Menge der Lautsprecher am Markt betrachtet. Jeder Hersteller dimensioniert aber aus Kostengründen seinen Verstärker bis zu einer gewissen Annahme.
Für den Krach im Lautsprecher sorgt die sog. Wirkleistung. Diese ist allgemein definiert als:
P = U x I x cos Phi
Bei einem rein ohmschen Widerstand wo cos Phi = 1 ist, wird P = Ux I.
Im schlimmsten Fall verursacht der Verbraucher einen Phi = 90° mit cos90° = 0, was zu einer P = 0 führt. Wenn ein Lautsprecher so ein Verbraucher wäre, so würde sich die Membran kein Millimeter bewegen.
Da die Impedanz des Lautsprechers eine Frequenzabhängige Größe ist, bedeutet das für uns, der cos Phi variiert theoretisch zwischen 1 (ohmscher Widerstand) und 0 (reine Induktivität oder reine Kapazität).
Als Beispiel für eine Überlegung in der Dimensionierung:
Man nimmt an, dass Phi etwa nur bis maximal 60° variiert. In diesem Fall ist die Annahme grßzügig, denn die meisten arbeiten nur mit 30...45° wenn ÜBERHAUPT! Damit ist cos Phi = 0,5 und schon haben wir aus unseren fixierten 100Watt nur noch 50Watt zur Verfügung. Wir würden das aber absolut nicht merken, denn für eine Verdopplung der Lautstärke ist eine Verzehnfachung der elektrischen Leistung notwendig. Somit würde eine Halbierung der Lautstärke erst bei 10Watt stattfinden. Im Umkehrschluss: es gibt so gut wie keinen Unterschied hinsichtlich der Lautstärke, ob ein Verstärker für 80, 90 oder 100Watt dimensioniert ist. Es gibt aber auch keinen Zwang für einen Hersteller auf cosPhi zu achten, denn nach Norm sollte der Verstärker seine angekündigte Leistung an einen Ohmschen Widerstand für etwa 10Min. abgeben können. Da aber auf dem Markt die Endverbraucher immer mehr aufwachen und cosPhi für viele langsam ein Begriff wird, greifen viele Hersteller auf die Betrachtung dieser Größe zu Marketingzwecken (sh Cube-Darstellung bei Harman-Kardon).
Damit hätten wir für eine gewünschte 100Watt Leistung bei einer großzügiger Dimensionierung (cosPhi = 60°) die Endstufe mit 200Watt vershen sollen
Zu diesm Punkt ein letzter Hinweis: es gibt auch keinen Zwang, dass alle Lautsprecher gleichzeitig diese Leistung können müssen. Und wenn man auf die Angabe der maximalen Eingangsleistung achtet und diese mit der angegebenen Leistung pro Kanal vergleicht so sieht man leicht:
Anzahl der Lautsprecher x Leistung pro Lautsprecher >>>> (viel Größer) als Eingangsleisung
Ausnahme (zumindest mir bekannte: Harman und das ist keine Werbung!!! Um dies zu beweisen sage ich ganz einfach bei einem absolut grauenvollen Design).
Wir haben zwar die Auswahl der geeigneten Transistoren nicht abgeschlossen, trotzdem lassen sich die Gleichungen für die Einstellung des Arbeitspunktes aufstellen. Als Ausnahme zu dem alleinigen Weg der Berechnung lässt sich folgendes sagen:
1. Es ist sehr wichtig, dass die Arbeitspunkte der Endtransistoren so weit wie möglich gleiche Werte aufweisen, damit kein Ausgleich über den Lautsprecher stattfindet. Soll bedeuten U_Last = U_Lautsprecher = NULL ist erwünscht.
2. Die Berechnung ist bis auf viele Stellen nach dem Komma möglich. Da aber die Genauigkeit zu sehr auf dem Ablesen bestimmter Werte aus dem Diagramm basiert, empfiehlt sich letzten Endes die Korrektur/Feineinstellung durch Potis. (Hersteller bekommen von Lieferanten ausführlichere Daten)
Es werden folgende Kennlinien verwendet:
A) hfe = Funktion des Kollektorstromes wobei hfe = I_Kollektor/I_Basis
B) Ube = Funktion des Basisstromes
Wir wollen die Endstufe (sh. Bild weiter oben) im AB-Betrieb dimensionieren. Dazu wählen wir als Ruhespannung für die Widerstände Rob und Runt = 400mV. Damit sind die Endstufentransistoren in Ruhe gesperrt (keine Verlustleistung der Endtransistoren im Arbeitspunkt) und der Strom zum Ausgang wird bei der Ansteuerung durch die jeweilige Sinus-Halbwelle von den jeweiligen Treibertransistoren (Toben oder Tunten) geliefert so lange bis die Spannungen auf Rob oder Runt den Wert 0,6V erreicht. Erst dann übernimmt der jeweilige Endtransistor den Hauptstrom der Last. Das passiert also ohne Übernahmeverzerrungen.
Also:
U_Rob = U_Runt = 400mV. Das soll bei einem Strom von 40mA passiern (im Prinzip frei wählbar)
Hinsichtlich der Ströme betrachten wir nur einen Treiber-Transistor und gehen davon aus, dass der andere gleiche Eigenschaften durch sorgfältige Auswahl besitzt =>
Allgemein:
Ic = Kollektorstrom
Ib = Basisstrom
Ie = Emitterstrom
Mit:
Ie = Ic + Ib
Ic = hfe * Ib
=> Ie = hfe * Ib + Ib = Ib * (hfe+1)
angewendet auf den Transistor Toben:
Ie_Toben = 40mA = Ib_Toben * ( hfe+1) =>
Ib_Toben = 40mA/(hfe+1)
Durch Anwendung der Kennlinie wie unter Pkt. A) ermitteln wir hfe und aus der letzten Gleichung den zu diesem Emitterstrom benötigten Basisstrom. Durch Anwendung der Kennlinie wie unter Pkt. B) ermitteln wir die dazugehörige Basis-Emitterspannung Ube_Toben.
Durch die Symmetrie haben wir jetzt:
U_Rob = U_Runt = 400mV
Ube_Toben = Ube_Tunten = .....
Sei die Betriebsspannung Vb+ = Vb- = V_Betrieb = 40V in unserem Fall (die Notation ist notwendig um die Verwirrung durch den Zeichen Plus und Minus an Vb zu vermeiden)
Damit beträgt die Spannung auf den Widerständen Rvor1 und Rvor2 (gleiche Symetrieüberlegung U_Rvor1 = U_Rvor2):
U_Rvor1 = V_Betrieb – (Ube_Toben + U_Rob) Gleichung 1)
wobei alle drei Spannungen bereits bekannt sind.
Damit wir die Widerstände Rvor1 und Rvor2 dimensionieren können müssen wir wissen welcher Strom dadurch fließt. Es gilt:
I_Rvor1 = I_R1 + Ic_Tvor + Ib_Toben Gleichung 2)
Wobei der letztere Ib_Tvor bereits bekannt ist. Der Arbeitspunkt des Transistors Tvor ist bereits zur Hälfte vorgegeben. Die Kollektor-Emitter-Spannung wird bestimmt als:
Uce_Tvor = Ube_Toben + U_Rob + U_Runt + Ube_Tunten
(in der Masche addieren sich die Spannungen zu NULL), wobei alle 4 Spannungen auf der rechten Seite bereits bekannt sind.
Wir wählen (im Prinzip auch frei) einen Kollektorstrom für diese Spannung Uce_Tvor (Arbeitspunkteinstellung) mit:
Ic_Tvor = XmA (z.B. zwischen 10....30mA). Gleichung 3)
Wieder unter Anwendung der Kennlinie unter Pkt. A) ermitteln wir den dazu benötigten hfe und aus der Gleichung Ib = Ic/hfe ermitteln wir den dazu benötigten Ib_Tvor .
Wie sorgen wir dafür, dass dieser Basisstrom Ib_Tvor tatsächlich zustande kommt?:
Aus der Kennlinie wie unter Pkt. B) ermitteln wir die nötige Spannung Ube_Tvor bei dem berechneten Ib_Tvor. Diese Spannung stellt sich auf dem Widerstand R2 ein (in der Masche addieren sich die Spannungen zu NULL). Damit der Transistor Tvor den Spannungsteiler R1/R2 nicht belastet sorgen wir dafür, dass durch R2 mindestens das zehnfache des Basisstromes Ib_Tvor abfliesst. Und nach der Knotenregel:
I_R1 = I_R2 + Ib_Tvor = 10 x Ib_Tvor + Ib_Tvor = 11 x Ib_Tvor Gleichung 4)
=> U_R2 = Ube_Tvor
=> R2 = Ube_Tvor / (10 x Ib_Tvor) mit Ube_Tvor und Ib_Tvor bekannt
=> R1 = (Uce_Tvor – Ube_Tvor)/(11 x Ib_Tvor) (in der Masche addieren sich die Spannungen zu NULL)
Beide Widerstände werden auf Normwerte auf- oder abgerundet.
Da Ib_Toben bekannt war nutzen wir die Ergebnisse der Gleichungen 3) und 4), setzen in die Gleichung 2) ein und bekommen so den Strom I_Rvor1 durch den Widerstand Rvor1. Da die Schaltung symmetrisch ist bzw. auf jeden Fall sein muss, wird durch den Rvor2 der selbe Strom fließen. Mit dem ermittelten Strom I_Rvor1 = I_Rvor2 und unter Verwendung der bekannten Spannung U_Rvor1 = U_Rvor2 aus der Gleichung 1) können wir nun auch die letzten Widerstände bestimmen:
Rvor1 = Rvor2 = U_Rvor1/I_Rvor1
Beide Widerstände werden wieder auf Normwerte auf- oder abgerundet. Jetzt kommt die Überlegung zu der Genauigkeit ins Spiel und so wäre sinnvoll anstelle des Widerstandes R1 einen Poti, oder eine Kombination aus Poti + Festwiderstand einzustellen.
Damit ist die Endstufe jetzt fertig. Auf den Widerstand Rvor2 wird jetzt die zu verstärkende Wechselspannung gegeben. Dazu sollte zuerst die Wechselspannung durch einen Spannungsverstärker aus dem kleinen Eingangspegel gewonnen werden. In der Regel ist der Spannungsverstärker durch einen Differenzverstärker abgebildet. Im übrigen benötigt diese Schaltung dann noch eine Schutzbeschaltung gegen Kurzschluss und eine Rückkopplung auf den Eingang des Differenzverstärkers zwecks Linearisierung der Verstärkung, was wiederum zu einem besseren Klirrfaktor führt
Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen, denn damit die Endtransistoren in dieser Konstellation thermisch stabil arbeiten, benötigen wir zwischen den Emittern der Endtransistoren Toben2 bzw. Tunten2 und den Widerständen Rob bzw. Runt zwei weitere Widerstände als Stromgegenkopplung. Das verschlimmert aber keineswegs die Berechnung.
Übrigens jede Arbeitspunkteinstellung für Transistorschaltungen lässt sich auf diese Art bestimmen.
Viel Spaß beim Einstudieren!