Kondensatoren am eingang von Digitalschaltungen - Warum?

Fragen zu Elektronik und Elektro allgemein.Fragen zu Bauteilen wie z.B. Tansistoren, Dioden, Kondensatoren usw.

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Kondensatoren am eingang von Digitalschaltungen - Warum?

Neuer Beitragvon Clydesdale am Mittwoch 31. Oktober 2007, 18:50

Hallo,

so langsam werden die Tage kürzer, es wird schon zeitig dunkel
draußen, und ich verziehe mich wie jedes Jahr dann eben in die
Werkstatt und krame den Lötkolben wieder raus.
Dabei bin ich nur 'n kleiner Hobbybastler, der mehr aus Erfahrung
als aus Lehrbüchern lernt, also stellen sich mir mitunter recht
seltsame Fragen, über die so mancher Fachmann sicher lachen
könnte. Hier ist eine davon:

Parallel zur Spannungsversorgung von Digitalschaltungen finden
sich oft 2 Kondensatoren in Parallelschaltung, einmal ein Elko so
zwischen 10 und 100µF, und einmal ein 100nF Keramik-Kondensator.

Daß der Elko dabei als Stützkondensator die Eingangsspannung
glättet und eventuell noch kurzzeitige Spannungseinbrüche
abfängt, ist schon klar. Auch, daß der 100nF-Keramikkondensator
HF-Müll aus der Eingangsleitung rausfiltert ist nix besonderes.

Nur... warum nimmt man dafür ZWEI Kondensatoren? Meine
VERMUTUNG diesbezüglich wäre ja, daß der Elko aufbaubedingt
etwas 'träger' ist und daher den HF-Anteil in der Eingangs-
spannung nicht effektiv rausfiltern kann, weshalb eben der 100nF
Keramikkondensator parallel geschaltet wird. Oder befinde ich
mich da total auf dem Holzweg? Gibt's hier jemanden, der mir
das mal genauer erklären kann?

Danke,
-Clydesdale
Clydesdale
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Neuer Beitragvon anders am Mittwoch 31. Oktober 2007, 20:12

Meine
VERMUTUNG diesbezüglich wäre ja, daß der Elko aufbaubedingt
etwas 'träger' ist und daher den HF-Anteil in der Eingangs-
spannung nicht effektiv rausfiltern kann, weshalb eben der 100nF
Keramikkondensator parallel geschaltet wird.
Mit dieser Vermutung liegst du genau richtig. Schuld ist die relativ hohe Induktivität von (Aluminium-)Elkos, durch die ihr Scheinwiderstand schon bei verhältnismäßig niedrigen Frequenzen wieder ansteigt.
Tantal-Elkos besitzen keinen Wickel, und sind deshalb in dieser Hinsicht günstiger.

Die kleinen Kondensatoren sitzen übrigens in aller Regel nicht dort, wo die Platine gespeist wird, sondern ganz nah an den ICs. Dort wirken sie als Stützkondendsatoren für die hohen (Größenordnung 100mA) und kurzen (einige ns oder weniger) Stromspitzen, die bei Umschaltvorgängen innerhalb der ICs entstehen können.
Wollte man die Kondensatoren weiter entfernt anbringen, wären sie weitgehend wirkungslos: Die Betriebsspannung am IC würde kurz zusammenbrechen.

Grundsätzlich bildet ein Kondensator zusammen mit seinen Anschlüssen einen Serienschwingkreis. Dessen Kapazität steht im Katalog, für die Induktivität kann man 1nH pro mm Leitungslänge annehmen.
Bei der Resonanzfrequenz ist der Scheinwiderstand am geringsten, da wirkt der Kondensator also optimal und deshalb ist eine möglichst hohe Resonanzfrequenz erstrebenswert.
Oberhalb der Resonanzfrequenz verhält sich das Bauteil nicht mehr kapazitiv sondern induktiv. Das gilt sogar für die winzigen SMD-Bauteile, bei denen aber die Resonanzfrequenz natürlich erheblich höher liegt.
Der zweite Faktor, der ausser der durch die Baugröße vorgegebenen Induktivität die Resonanzfrequenz beeinflusst, ist natürlich die Kapazität. Ein Kondensator mit geringerer Kapazität hat bei gleicher Baugrösse eine höhere Resonanzfrequenz.

Deshalb findet man in Schaltungen, in denen es wirklich schnell zugeht, oft nicht nur einen 100nF Kondensator, sondern z.B. 22pF direkt an den Anschlüssen des IC. Dann kommen 220pF, 2,2nF und in etwas bequemerer Entfernung, aber immer noch möglichst nah am IC eine der gebräuchlichen Kapazitäten von 10nF an aufwärts.
anders
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Neuer Beitragvon Clydesdale am Mittwoch 31. Oktober 2007, 20:31

Aha, wieder etwas dazugelernt. Dankeschön für die ausführliche Antwort. :)

Gruß,
-Clydesdale
Clydesdale
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