Verständnisprobleme bei Lithium Akkus

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Verständnisprobleme bei Lithium Akkus

Neuer Beitragvon KlausM am Freitag 26. Juni 2009, 09:45

Hallo Leute,

ich beschäftige mich seit ein paar Wochen mit den unterschiedlichsten Akkutypen, da ich mich privat sehr für sie und deren Anwendungen interessiere. Nun bin ich mal wieder auf ein (wahrscheinlich einfaches) Verständnisproblem gestoßen.
Mein Problem beschäftigt sich mit den Aufladevorgängen in einem Akku.
Wie solche Akkus, insbesondere die Li-Akkus, vom Material aufgebaut sind etc. ist mir alles klar. Auch wie die Lade/Entladevorgänge prinzipiell ablaufen ist nachvollziehbar.
Nur was passiert da eigentlich genau im inneren der Zelle?

Angenommen mein Akku befindet sich im ungeladenen Zustand. Nun hänge ich diesen an ein Ladegerät und die chemischen Vorgänge in der Zelle nehmen ihren Lauf. Die Li Ionen wandern zur Anode und lagern sich da ein. Über einen Außenleiter ziehen sie die Elektronen nach sich und gehen an der Anode wieder eine Verbindung ein. So weit so gut. Doch was sorgt dafür, dass letztendlich die Li+ Ionen sich zur Anode bewegen? Mal wird von einem Ladestrom gesprochen. Ja bedeutet dies, dass das Ladegerät die "Elektronen" liefert und somit sich ein Überschuss an der Anode bildet welche die Li Ionen anzieht? Wo bewegen sich dann aber die Elektronen von der Kathoe hin? Dann wiederum liest man, dass die Li Ionen zur Anode "gepumpt" werden und aus diesem Grund die Elektronen hinterhereilen (wegen Elektronen Mangel an der Anode). Ja was versteht man denn unter diesem "Pumpen"? Wenn das Pumpen einfach eine Spannung ist, dann müsste man doch den Minuspol an die Anode legen, dass die Li+ Ionen rüber wandern. Wenn aber der Minuspol an der Anode ist, dann haben doch die Elektronen kein Interesse da hinterzu eilen (gleiches negatives Vorzeichen)?
Wie ihr seht mangelt es bei mir an einfachen bildlichen Verständnisproblemen gerade in Bezug auf Strom und Spannung. :me:
KlausM
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Re: Verständnisprobleme bei Lithium Akkus

Neuer Beitragvon BernhardS am Freitag 26. Juni 2009, 17:52

Hallo,

bißchen viel auf einmal.

Fangen wir mal grundsätzlich an: Es gibt zwei Materialien im Innern der Zelle. Zwischen den beiden Materialien können die Lithiumionen hin und her.
Beim Laden werden die Li-Ionen zu dem Material hingeschoben das sich beim Minuspol befindet. Du hast das mit Deinen Plus/Minus-Betrachtungen richtig erkannt.
Wo die Elektronen herkommen bzw. hinkommem ist in der Tat nicht so einfach bildlich darzustellen. Das eine Material ist Li/LiCoO2. Daraus wird LiCoO2, ein Li+ Ion und ein Elektron (beim Laden). An dieses Material wird der Pluspol des Ladegeräts angeschlossen.
Das Li+ geht durch die Trennmembran zu dem anderen Material, Graphit, und lagert sich da ein. Das Elektron geht über den Kontakt nach außen zum Ladegerät, bildet also den Ladstrom. Vom Minuspol des Ladegeräts geht ein Elektron über den anderen Kontakt zu der nun Li+haltigen Graphitmatrix, wird auch aufgenommen, so daß die Gleichung wieder stimmt.

Zugegeben etwas hölzern erklärt, nimm es mal als Zeichen des guten Willens.

Bernhard
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Re: Verständnisprobleme bei Lithium Akkus

Neuer Beitragvon ELW 2 am Freitag 26. Juni 2009, 21:05

Hi!

Hier ist eine schöne Garfik dazu:
http://de.wikipedia.org/wiki/Lithium-Ionen-Akkumulator

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Re: Verständnisprobleme bei Lithium Akkus

Neuer Beitragvon anders am Samstag 27. Juni 2009, 14:55

Doch was sorgt dafür, dass letztendlich die Li+ Ionen sich zur Anode bewegen?
Das Konzentrationsgefälle.
Wenn du durch die elektrolytischen Vorgänge, an einem Pol die Konzentration bestimmter Ionen erniedrigst und am anderen erhöhst, führt die Wärmebewegung der Lösungsmittelmoleküle, die ja dauernd mit den Ionen zusammenstossen, dazu dass dieser Konzentrationsunterschied allmählich ausgeglichen wird.
Die Li-Ionen wissen also nicht wo sie hin müssen und wandern auch nicht geradewegs zur entsprechenden Elektrode, sondern irren planlos umher, bis in der Lösung im Mittel überall die gleiche Konzentration herrscht.
Stichworte: Diffusion, erstes und zweites Ficksches Gesetz.

Das elektrische Feld hingegen ist sehr schwach und die davon auf die Ionen ausgeübte Kraft spielt praktisch keine Rolle.

dann müsste man doch den Minuspol an die Anode legen
Möglicherweise ist das sogar so.
Vielleicht weisst du es noch nicht: Wenn du in eine elektrochemische Zelle Strom hineinsteckst, ist der Pluspol die Anode, wennn du sie entlädst, ist am Pluspol die Kathode.
Das schafft einige Verwirrung und deshalb ist es oft besser die Begriffe Anode und Kathode zu vermeiden und statt dessen von Plus und Minuspol zu sprechen.
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Re: Verständnisprobleme bei Lithium Akkus

Neuer Beitragvon KlausM am Mittwoch 1. Juli 2009, 08:41

Das elektrische Feld hingegen ist sehr schwach und die davon auf die Ionen ausgeübte Kraft spielt praktisch keine Rolle.


Hmmm das habe ich jetzt nicht wirklich verstanden. Dachte immer, dass auf Grund der negativ geladenen Anode die positiv geladenen LI Ionen beim Aufladevorgang dorthin wandern.

Zwei Fragen schwirren mir noch durch den Kopf.
Und zwar wird bei einem Akku oft eine Kapazität in mAh/g angebeben. Betrachtet man die unterschiedlichen Kathoden / Anoden Materialien (also z.B. LiCoO2 und Graphit) so gibt es für beide Eletroden eine Kapazitätsangabe. Wie setzt sich nun die Gesamtkapazität der Zelle zusammen? Hab immer gedacht dass das Graphit dafür ausschlaggebend ist. Sprich die Kapazität des Anodenmaterials sagt mir wieviel Energie gespeichert werden kann.

Die zweite Frage wäre, was bedeutet die "Passivitätsschicht" die sich an der Graphit Anode bildet?

Besten Dank für eure Antworten.
KlausM
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Re: Verständnisprobleme bei Lithium Akkus

Neuer Beitragvon BernhardS am Mittwoch 1. Juli 2009, 12:20

Hallo,

Wie setzt sich nun die Gesamtkapazität der Zelle zusammen?
Das kann Dir nur der Hersteller sagen. Es steht jedoch zu vermuten, daß er die Materialien in denjenigen Mengen verbaut, die die maximal mögliche Kapazität ergibt (bei vorgegebener Baugröße und einem vermutlich ebenfalls vorgegebenen Preis).
Diese Zahlen, die da jemand ins Wikipedia abgeschrieben hat, sind eher als Beispiel zu verstehen.

Passivitätsschicht
Kannst Du die Stelle sagen, wo Du das gelesen hast?

Bernhard
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Re: Verständnisprobleme bei Lithium Akkus

Neuer Beitragvon anders am Mittwoch 1. Juli 2009, 23:30

Kannst Du die Stelle sagen, wo Du das gelesen hast?
Das steht bei Wiki, aber ich habe es auch a.a.O. gelesen.
Es bildet sich da in einer Nebenreaktion aus dem Elektrolyten eine semipermeable Membran, die nur für nackte Li-Ionen, nicht aber für solvatisierte durchlässig ist.
Andernfalls würden die solvatisierten Ionen bei der Einlagerung das Graphitgitter zerstören. Die Bindungen zwischen den Schichten sind ja recht lose.

wird bei einem Akku oft eine Kapazität in mAh/g angebeben. Betrachtet man die unterschiedlichen Kathoden / Anoden Materialien (also z.B. LiCoO2 und Graphit) so gibt es für beide Eletroden eine Kapazitätsangabe. Wie setzt sich nun die Gesamtkapazität der Zelle zusammen? Hab immer gedacht dass das Graphit dafür ausschlaggebend ist. Sprich die Kapazität des Anodenmaterials sagt mir wieviel Energie gespeichert werden kann.
Wie kommst du darauf?
Da beide Elektroden an der Stromlieferung beteiligt sind, genügt es natürlich nicht nur eine der beiden zu betrachten.
Über die Problematik bei Akkumulatoren von Anode und Kathode zu sprechen, hatte ich dich ja schon aufgeklärt, aber du tust es trotzdem.

Der theoretisch mögliche Wert für die Energiedichte lässt sich ganz gut vorhersagen, praktisch wird er natürlich aus verschiedenen Gründen nicht ganz erreicht.
Für jedes Elektron, das durch den äusseren Stromkreis fliesst, muss ja sowohl an der Anode wie auch an der Kathode ein Lithiumion umgesetzt werden. Das eine wird aus der Elektrodenmasse freigesetzt, das andere in die andere Elektrode eingelagert.
Bekannt ist, dass 7 Gramm (gerundet) Lithium etwa 96485 Coulomb oder 26,8Ah entsprechen (Faradaykonstante).
Nun ist das Lithium ja leider nicht allein der Elektrodenbestandteil, sondern es ist je nach Ladezustand an Graphit oder CoO2 gebunden. Damit kommen die Atommassen der anderen schwereren Elemente ins Spiel.
Das Mindestgewicht der positiven Elektrode lässt sich mit Kenntnis der Atomgewichte leicht vorhersagen, denn während Li das Atomgewicht 7 hat (ein Li-Atom oder -Ion ist etwa 7 mal so schwer wie ein Wasserstoffatom), hat Cobalt das Atomgewicht 59 und Sauerstoff 16.
Für jene 7g Li-Ionen müsste man also mindestens 91g CoO2 bereitstellen, um das LiCoO2 bilden zu können.

An der negativen Elektrode ist die Sache nicht ganz so übersichtlich, denn dort gibt es keine definierten chemischen Verbindungen, sondern das Li-Ion schiebt sich zwischen die Schichten des Graphitkristalls.
Solch ein Graphitkristall besteht aus einem Stapel von ebenen Schichten, in denen die Kohlenstoffatome wie Bienenwaben in lauter Sechsecken angeordnet sind.
Wenn man hier als Grenzwert annimmt, dass jede dieser sechseckigen Zellen 1 Li-Ion aufzunehmen vermag, so kann man sich überlegen, dass dann jedes Li-Ion von 6 Kohlenstoffatomen umgeben ist und jedes Kohlenstoffatom 3 Li-Ionen als Nachbarn hat.
Das entpräche einer Summenformel C6Li3 bzw. C2Li und somit musste man für die 7g Li mindestens 24g Graphit bereitstellen.

Diese 1,12 g Graphit + 3,4g CoO2 + 0,26g Li pro Amperestunde sind, wie gesagt, theoretische Mindestwerte, die nicht berücksichtigen, dass noch Elektrolyt und mechanische Stützkonstruktionen sowie Ableiter für den Strom benötigt werden.
Auch ist es üblich eine gewisse Reserve einzubauen, damit der Akku nach vielen Zyklen noch seine Nennkapazität hat.
Immerhin kann man, wenn man diese Werte mit den tatsächlich erreichten vergleicht, abschätzen wohin die Entwicklung da noch führen kann.

Der Teilbereich der Chemie, der sich mit derartigen Berechnungen beschäftigt, heisst übrigens Stöchiometrie. BerhardS weiss das auch, aber er verrät es nicht :wink:
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Re: Verständnisprobleme bei Lithium Akkus

Neuer Beitragvon BernhardS am Freitag 3. Juli 2009, 10:06

heisst übrigens Stöchiometrie
Hatte als Lehrling in Fachrechnen immer eine Eins. 8)

Das Problem mit meinen Antworten besteht darin, daß ich die meistens mal so schnell nebenbei reintippe; gerade Chemisches gerät recht oft sehr nachlässig. Für Theorie bin ich schön langsam auch zu alt.
Bei dieser Gelegenheit entschuldige ich mich hier aber mal in aller Öffentlichkeit.

Was jetzt die Li-Akkus anbelangt: In München gibt es jetzt diesen neuen Forschungsreaktor. Der liefert Neutronenstrahlen so präzise, daß man Computertomographie mit Neutronen machen kann. Lithium absorbiert Neutronen recht gut, so daß die Jungs dort die Umverlagerung des Lithiums in einer Akkuzelle tatsächlich in 3D-Bildern darstellen können.
Man sieht dann den Unterschied zwischen Theorie und Praxis. Konkret: Man sieht, daß sich das Lithium nicht immer gleichmäßig umverlagert. Nur als zufällig aufgeschnapptes Beispiel.

Praktisch gibt es einen Haufen Verbesserungsmöglichkeiten. Die eine ist: weg vom Kobalt, das hat man jetzt mit Phosphat und Eisen recht gut ersetzt. Mal sehen, was da noch kommt.
Die Zelle enthält aber nicht nur Elektrodenmaterial.
Leichte Membranen mit höherer Temperaturbeständigkeit: Da ist ja auch eine Firma bei uns in der Gegend recht erfolgreich gewesen.
Lebensdauervermindernd ist ja auch das Eindiffundieren von Wasser, da werden noch gute Ideen gesucht. Je dichter, desto schwerer - superdicht, aber leicht wäre gefragt (natürlich nicht zu teuer, massenfertigungstauglich, die Anschlussdrähte müssen aber schon noch durchs Gehäuse, usw.)

Bernhard
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Re: Verständnisprobleme bei Lithium Akkus

Neuer Beitragvon KlausM am Dienstag 14. Juli 2009, 13:28

Hallo Leute!
erstmal besten Dank für eure zahlreichen und vor allem hilfreichen Antworten!
Ist echt schön zu sehen, dass sich viele hier die Zeit nehmen um anderen (wie mir) solche banalen Fragen versuchen zu beantworten :)

Zu einer Frage konnte ich aber bisher noch keine passende Lösung finden:
Und zwar...Wie enstehen die typischen Lade / Entladekurven bei den einzelnen Akkuzellen?

In jeder Literatur sieht man diesen bekannten Graphen aufgetragen auf zwei Achsen (Spannung auf Kapazität).
Die Kurve fällt jedesmal anfangs steil ab und erhält dann ihe Plateau bis zu einem gewissen Punkt, an dem sie dann komplett auf 0 abfällt.
Meine Frage bezieht sich in erster Linie auf das Plateau. Klar, letztendlich ist es ja das was ein Akku ausmacht: das der Spannungswert nahezu konstant bleibt und nicht wie bei einem Kondensator linear sinkt. Aber warum ist das so? :me:

Desweiteren müsste die Kapazität bei einer Aufladekurve nicht mit Ansteigen der Spannung fallen und umgekehrt bei der Entladekurve bei Abnahme der Spannung steigen?
Das wäre für mich zumindest logisch, wenn man sich das bildlich vorspricht: "je mehr ich aus dem Akku raushole an Energie, desto mehr Kapazität hat er wieder um welche aufzunehmen"
KlausM
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